(Benutzungspflicht aufgehoben - Lüchow steht nicht mehr zur Wahl)
Die beschauliche Kleinstadt Lüchow im Wendland liefert ein weiteres Beispiel der allseits beliebten Serie "benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen in Tempo-30-Zonen". Beiderseits des Kolborner Wegs wurde ein Hochbordweg angelegt und mit Zeichen 241 StVO als benutzungspflichtiger, getrennter Rad- und Gehweg ausgewiesen.
Beim südlichen Hochbord sind Geh- und Radweg durch Bäume und eine Hecke voneinander getrennt. Auf der Nordseite trennt beide Verkehrsarten lediglich ein kaum wahrnehmbarer, ausgewaschener roter Pflasterstreifen, der von Fußgängern augenscheinlich nicht besonders ernst genommen wird. Gemeinsam ist den Radverkehrsanlagen auf beiden Seiten, dass die notwendige Mindestbreite nach VwV-StVO von 1,50 Metern für den Radwegteil deutlich unterschritten ist. Zudem wird die Übersichtlichkeit an den zahlreichen Grundstücksausfahrten durch den dichten Heckenbewuchs sicher nicht gerade verbessert. Die Oberfläche besteht aus jahrzehntealten, gefasten, abgängigen Pflastersteinen und entspricht damit nicht den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst, wie sie bei einem benutzungspflichtigen Radweg erfüllt sein müssen.
Der Clou ist jedoch, dass Tempo-30-Zonen und benutzungspflichtige Radwege sich nach § 45 Absatz 1c Satz 2 StVO gegenseitig ausschließen. Diese Regelung wurde aus gutem Grund bereits 2001 in die StVO eingefügt. Die Verkehrsregelung am Kolborner Weg ist damit rechtlich nicht haltbar und würde im Klagefall sofort vom Verwaltungsgericht gekippt.
Wir sind gespannt, wie sich die zuständige Straßenverkehrsbehörde hier aus der Affäre ziehen wird – entweder fällt der Radwegzwang oder die Tempo-30-Zone. Im Interesse der Verkehrssicherheit wäre natürlich die erste Lösung zu bevorzugen. Aber selbst wenn sich die Behörde anders entscheidet dürfte es auch ohne Tempo-30-Zone schwerfallen, in dieser beschaulichen Wohngegend eine Gefahrenlage zu finden, die über die allgemein üblichen Risiken der Teilnahme am Straßenverkehr erheblich hinausgeht und ein Fahrbahnverbot für den Radverkehr rechtfertigt.
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Nachtrag: Die Samtgemeinde Lüchow hat auf unsere Information zur Pannenflicken-Nominierung vorbildlich reagiert und angekündigt, die bemängelte Benutzungspflicht zu entfernen:
"Ihre Nominierung eines Radweges für den Negativpreis sehe ich als Hinweis
auf eine Verkehrssituation hier in Lüchow (Wendland), die nicht den Regeln
entspricht. Für diesen Hinweis danke ich Ihnen. Oft sind es ja Regelungen, die
vor vielen Jahren so getroffen wurden und seither ohne eine Überprüfung
geblieben sind. So ist es auch im Fall des Kolborner Weges in Lüchow (Wendland).
Bei meiner Recherche dazu konnte ich nicht mehr feststellen, ob oder durch
welche Behörde die Beschilderung angeordnet wurde.
Ich habe Ihren Hinweis zum Anlass genommen in Absprache mit der
Verkehrsbehörde die Benutzungspflicht für den Radweg aufzuheben und die entsprechende
Beschilderung umgehend entfernen zu lassen.
Das Thema der Benutzungspflicht innerörtlicher Radwege ist hier aber schon
vor Ihrem Hinweis in ersten Gesprächen mit der Verkehrsbehörde und dem
Verkehrsberater der Polizei aufgegriffen worden. Es ist geplant, möglichst zeitnah
im Rahmen von Verkehrsschauen, weitere Überprüfungen vorzunehmen."