Da ein fahrbahnbegleitender benutzungspflichtiger Radweg rechtlich gesehen ein Teil der Straße ist, die er begleitet, gilt für ihn die Vorfahrtsregelung der Fahrbahn. Hat der Verkehr auf der Fahrbahn Vorfahrt vor dem Verkehr auf einer einmündenden Straße, so gilt diese Vorfahrt daher auch für den Radverkehr auf dem Radweg.
Der Eppsteiner Weg in Lambsheim führt am Ortsrand als Vorfahrtsstraße durch ein Gewerbegebiet, parallel dazu verläuft ein per Zeichen 240 benutzungspflichtig beschilderter Geh- und Radweg. Trotz der Vorfahrtberechtigung sieht man sich als Radfahrer an den Einmündungen der untergeordneten Straßen "Am Fuchsbach" und "Brandweg" mit Drängelgittern vor und hinter den Einmündungen konfrontiert.
Nun ist ja hinlänglich bekannt, dass straßenbegleitende Radwege innerorts zu einem deutlich erhöhten Unfallrisiko an Kreuzungen und Einmündungen führen. In besonderem Maße gilt dies, wenn wie hier ein einseitig angelegter Weg auch noch für beide Fahrtrichtungen benutzungspflichtig ist. Nicht umsonst sagt die Verwaltungsvorschrift zur StVO: "Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden". Innerorts ist der Radverkehr auf der Fahrbahn in aller Regel wesentlich sicherer unterwegs. Es zeugt schon von außerordentlicher Kreativität der anordnenden Behörde, erst den Radverkehr auf einen benutzungspflichtigen Weg zu verbannen, damit ein erhöhtes Unfallrisiko in Kauf zu nehmen und dann zu versuchen, diesem Risiko mit unsinnigen Drängelgittern zu begegnen.
Hätte die anordnende Behörde die Angelegenheit in ihrer doch reichlich abstrus anmutenden Sichtweise konsequent zu Ende gedacht so hätte sie eigentlich zu dem Schluss kommen müssen, die Drängelgitter nicht auf dem Radweg, sondern auf den einmündenden untergeordneten Straßen anzuordnen.
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Nachtrag: Die Verbandsgemeinde Lambsheim-Heßheim hat zur Nominierung für den Pannenflicken wie folgt Stellung bezogen: "Die getätigten Aussagen sind teilweise einfach unsachlich. So geht die Initiative in ihrer Bewertung von einem normalen "innerörtlichen" Radweg aus. Von dem rund 1000 Meter langen Radweg sind aber 800 Meter Außenbereich. D. h., der Radweg liegt zwar fast komplett hinter dem für die Straßenverkehrsordnung relevanten Ortseingangsschild, aber außerhalb der bebauten Ortslage, so dass der eigentliche Charakter des Radwegs zumindest visuell außerörtlich ist.
Dies kann leicht daran erkannt werden, dass der Radweg und der Eppsteiner Weg beidseitig auf rund 800 Metern von Feldern, Gärten und Grünflächen begeleitet wird und nur entlang des Gewerbegebiets "Im Brand" einseitig auf rund 200 Metern Länge Bebauung vorhanden ist. Es ist zwar richtig, dass die kritisierten Barrieren streng nach Straßenverkehrsordnung nicht notwendig gewesen wären. Aber der Radweg wird stark von Kindern und Jugendlichen genutzt, die von und zu dem Sportgelände der Eintracht Lambsheim unterwegs sind. Wir gingen deshalb davon aus, dass diese Nutzerklientel mit der Beschilderung nach Straßenverkehrsordnung weder so vertraut ist, noch die im Straßenverkehr stets notwendige Umsicht walten lässt. Aus diesem Grund haben wir die Querungen an den Einmündungen der Straßen "Am Fuchsbach" und am Brandweg mit diesen Barrieren gesichert, damit es nicht zu gefährlichen Situationen kommen kann. Die jeweils zwei Barrieren stehen im Übrigen so weit auseinander, dass ein Durchfahren mit gebremster Geschwindigkeit leicht möglich ist.
Der Radweg ist seit August 2012, also seit mehr als zwei Jahren in Nutzung. Der Verwaltung war bisher noch keine einzige Beschwerde wegen der Barrieren vorgetragen worden, was darauf schließen lässt, dass sie allgemein akzeptiert werden. Wie die Initiative ein erhöhtes Unfallrisiko erkennen konnte, weil die vorgeschriebene Nutzung des 2,50 Meter breiten Radwegs für beide Richtungen gilt, bleibt ihr Geheimnis. Im Umkehrschluss wäre ja das Radfahren auf der Fahrbahn und das Überholt werden durch die die Straße zahlreich nutzenden LKWs sicherer. Ob das die große Mehrheit der Radfahrerinnen und Radfahrer, sowie die Eltern der o. a. Kinder und Jugendlichen ebenso einschätzten, darf in Zweifel gezogen werden. Die Kommentierung des Vorschlags der Initiative, statt des Radwegs, die Ausfahrten aus dem Gewerbegebiet mit Barrieren zu versehen, erübrigt sich."
Wir meinen: Die Stellungnahme ist nicht dazu geeignet, die bemängelte Situation in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Es wäre beispielsweise interessant gewesen zu erfahren, welche außerordentlichen Gefahren die Verbandsgemeinde für den Radverkehr auf der Fahrbahn sieht. Eine solche Gefahrenlage, die im jeweiligen Einzelfall detailliert und nachvollziehbar darzulegen ist, ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht. Bedauerlich in diesem Zusammenhang ist auch, wenn engagierte Bürger Fachbehörden Nachhilfe in ihrem ureigenen Fachgebiet geben müssen, und dies nicht nur in Bezug auf rechtliche Voraussetzungen, sondern auch zu seit langem bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die (vorgebliche) Sicherheit von innerörtlichen Radwegen war und ist Gegenstand zahlreicher Studien. Als Beispiel sei hier auf eine schon recht alte Studie verwiesen (Bach/Rosbach/Jørgensen, aus: Bundesminister für Verkehr (Hg.): Forschung Stadtverkehr, Zusammenfassende Auswertung von Forschungsergebnissen zum Radverkehr in der Stadt, Heft A7, 1991) die eindrücklich belegt, dass straßenbegleitende Radwege innerorts im Mittel zu deutlich erhöhten Unfallzahlen im Vergleich zur Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn führen. Dies gilt insbesondere für linksseitige, d. h. in Gegenrichtung zu befahrende Wege, vor denen schon der Verordnungsgeber in der weiter oben zitierten Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung nachdrücklich warnt.
Selbstverständlich spricht nichts dagegen, dem Radverkehr Sonderwege als freiwillige Alternative zum Fahren auf der Fahrbahn anzubieten, sofern diese ein sicheres Vorankommen ermöglichen. Bei der Anordnung von Benutzungspflichten erwarten wir von den Behörden aber die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften.