Platz 1: Wuppertal
Platz 2: Flughafentunnel Stuttgart
Platz 3: Wendlingen-Köngen
Der Trampelpfad gebührt Büdingen, da ein wenig herausragender als Duisburg und unfallgefährlicher.
Das "Radverkehrsghetto Duisburg" hat den Baustellen Sonderpreis abermals(?) verdient.
Ausführliche Bewertung:
Es ist schade, dass der Pannenflicken eingestellt werden muss, hoffentlich nur vorläufig. Denn ich habe ihn als eine der wenigen effektiven Methoden erlebt, um den desolaten, gefährdenden und oft rechtswidrigen Zustand der Radverkehrsinfrastruktur zu verbessern. Dies ist sonst nur in mühsamer Arbeit für jeden einzelnen Fall oder gar durch aufwändige und teure Klagen vor den Verwaltungsgerichten möglich. Und es erfordert solide Rechtskenntnisse. Durch den Pannenflicken wurden viele Fehlbeschilderungen entfernt und Gefahrstellen beseitigt. Und das Thema "Radwege sind keine sicheren Wege" gelangte in die Medien. Das macht Hoffnung. Das ist angesichts der diesjährigen Preisträger, die nur einen Ausschnitt aus dem überall vorhandenen Wahnsinn zeigen, nötiger denn je.
Zunächst mal: Preise verdient haben sie alle. Wirklich einzigartig ist aber keine der Bewerbungen. Sie zeigen vielmehr Beispiele für den alltäglichen Unsinn, den man in ganz Deutschland beim Umgang mit Radfahrenden antrifft. Aber ich soll ja eine persönliche Reihung vornehmen. Also versuche ich es diesmal mit einem Punktesystem (1 bis 5 Punkte auf Originalität, Unfallgefahr und Ignoranz der Behörden).
Flughafentunnel Stuttgart
Ein selbst für Fußgänger eigentlich unbenutzbarer, aber für das Radfahren freigegebener Gehweg in einem Tunnel und natürlich ein Fahrbahnverbot, insoweit nichts Einmaliges in Deutschland. Ich kenne mindestens zwei weitere Beispiele. Statt eine sinnvolle Lösung zu finden, wählen die Straßenverkehrsbehörden die einfachste Lösung und sperren Radfahrende faktisch aus.
Ständig besteht das Risiko, mit dem Lenker an den Wänden hängen zu bleiben und zu stürzen. Vielleicht kann man aber auch nicht umfallen, weil es dafür zu eng ist. Man fragt sich unwillkürlich, wie viele ungemeldete Unfälle es dort schon gab und wie viele es noch geben muss. Wenigstens ist die Wand gekachelt, so dass Blut leicht wieder abgeht. Eine schlecht beschriebene und verwirrende Verkehrsführung kommt dazu, ist aber doch nichts Neues für Radfahrer. Wer auf Radwegen fährt, muss in Deutschland leider oft mit so etwas zurecht kommen.
Kurzum: Das Verkehrsverbot auf der Fahrbahn muss weg. Vernünftige Lösungsvorschläge sind vorhanden. Eine ignorante Verkehrsbehörde und das in einem Land, wo die obersten Straßenverkehrsbehörde einer Partei unterstellt ist, die sich den Ausbau des Radverkehrs auf die Fahnen geschrieben hat. Was sagt das Ministerium eigentlich dazu?
Originalität: **
Unfallgefahr: ****
Ignoranz: ****
Wuppertal
Nicht schon wieder! Wuppertal hat doch erst den Pannenflicken 2021 gewonnen. Und jetzt folgt ein weiteres, offenbar neues Beispiel für eine gefährdene Verkehrsführung. Dazu kommen Fehler der Beschilderung und Nichtumsetzung der Verwaltungsvorschrift. Lernen die Verwaltungsangestellten gar nichts oder sind Lokalpolitiker dafür verantworlich? Bei denen würde ich es verstehen, denn sie paaren häufig Entscheidungsbefugnis mit Unwissen.
Die Lösung wäre, einfach stehen zu bleiben, wenn ein Busfahrer drängelt. Würden das einige machen, würde sich auch etwas ändern. Doch das werden sich die wenigsten trauen. Und auch mit dem Fahrrad möchte man irgendwann ankommen und hat nicht den halben Tag Zeit. Aber was sagen eigentlich Staatswanwaltschaft und der Fahrdienstleiter der Busgesellschaft zu den beschriebenen Straftaten der Busfahrer wie Nötigung und den fortgesetzten Ordnungswidrigkeiten?
Trotzdem: Gar nicht geht, schon wieder Gefahrstellen zu schaffen, bei denen die Radfahrer auf der Straße die Konflikte austragen müssen. Daher ist die Wuppertaler Verkehrsbehörde eindeutig mein persönlicher Sieger dieses Wettbewerbs im Sachen Ignoranz gegenüber Radfahrern.
Originalität: ***
Unfallgefahr: **
Ignoranz: *****
Wendlingen-Köngen
Linksseitig benutzungspflichtige Radweg-Stücke ohne vorgeschriebene gesicherte Querungen gibt es überall, obwohl die Verwaltungsvorschrift zur StVO verbietet, sie einzurichten. Wegen eines Radweg-Stummels, der nach der nächsten Einmündung schon nicht benutzungspflichtig ist, sollte und muss man nicht an einer ungesicherten Stelle nach links wechseln. Er ist unzumutbar, weil die Gefahr durch den Seitenwechsel die Pseudo-Sicherheit auf zwanzig Meter linksseitigem Radweg bei Weitem überwiegt.
Also immer schön auf der Fahrbahn bleiben!
Schlechte Sichtbeziehungen und fehlende Furtmarkierungen gibt es jedoch überall. Die hier beschriebenen Situationen treten dagegen nicht besonders hervor. Aber 5 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung in den Jahren 2018 bis 2020 auf diesem kurzen Abschnitt zeigen, dass die beschriebenen Gefahren real sind.
Originalität: *
Unfallgefahr: *****
Ignoranz: ***
Duisburg (Baustelle)
Fehlerhafte Beschilderung, verwirrende Verkehrsführung in Baustelle, große Umwege für Radfahrer, schlechte Wegweisung, typisch für Duisburg, aber auch viele andere Kommunen in Deutschland. Gerade am Wochenende habe ich wieder eine fehlerhaft beschilderte Baustelle, bei der nicht einmal das veraltete Regelwerk RSA-95 eingehalten wurde, der zuständigen Verkehrsbehörde auf die Schreibtische geworfen.
Dagegen hilft offensichtlich auch nicht die Mitgliedschaft Duisburgs in der AGFS (Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW). Diese steht wie so oft nur auf dem Papier der Sonntagsreden von Politikern, weil sie im Alltag nicht umgesetzt wird. Sonst hätten die Verkehrsbehörden die Kriterien, zu deren Einhaltung Duisburg sich verpflichtet hat, und hier vor allem die Leitlinien der AGFS für die Führung im Baustellenbereich eingehalten.
Originalität: **
Unfallgefahr: **
Ignoranz: ***
Büdingen (Trampelpfad)
Ein schönes Beispiel für einen Trampelpfad, der ohne Sinn und Zweck als benutzungspflichtiger Radweg beschildert wurde. Ich hätte auch noch einen (bei Vohburg), den ich längst für den Pannenflicken einreichen wollte. Als Büdingener Besonderheit ist das regelwidrig niedrige Geländer neben dem Weg auf den Bildern 1 und 2 zu erwähnen. Doch gefährliche Radwege neben schlecht einsehbaren Grundstückszufahrten sind leider nichts Besonderes. Hier sei beispielsweide der extrem befahrere Donauradweg in der Ortsdurchfahrt von Erlau genannt.
Die Zeichen 240 in neuerer Ausführung zeigen, dass sich die Straßenverkehrsbehörde wenigstens einmal mit dem Weg beschäftigt hat, aber trotzdem an der sinnlosen Benutzungspflicht festgehalten hat. Ein Minuspunkt für Ignoranz.
Vernünftige Radfahrer können den Weg spätestens an der in Bild 3 gezeigten Stelle verlassen, denn dort endet mangels befahrbarer Breite die Benutzungspflicht. In Gegenrichtung endet die faktische Benutzungspflicht bereits nach der Einmündung Am Kälberberg, da danach das Blauschild nicht wiederholt wird.
Die Unfallgefahr hat sich wohl mangels Verkehrsaufkommen kaum realisiert, denn amtlich registrierte Unfälle gibt es nur einen mit einem Leichverletzen im Bereich der unübersichtlichen Grundstückszufahrten. Kaum Verkehr und nur ein Einmündungsunfall, der höchstwahrscheinlich im Zusammanhang mit dem Radweg steht, spricht aber erst recht dafür, dass die Benutzungspflicht hier unzulässig angeordnet wurde.
Originalität: *
Unfallgefahr: **
Ignoranz: ****
Duisburg 2 (Trampelpfad)
Zu schmale, umgepflegte Radwege, bei denen "vergessen" wurde, die rechtswidrige Benutzungspflicht aufzuheben, sind gefährlicher Alltag. Würde jemand ernsthaft gegen die Benutzungspflicht vorgehen, wäre dieses Beispiel schnell Geschichte. Warum macht das niemand?
Typisch ist nur der Umgang der Straßenverkehrsbehörde und der Straßenbaubehörde in der Stadt Duisburg, die Radfahrer nicht zur Kenntnis nehmen. Dabei ist Duisburg Mitglied der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte NRW (AGFS). Was macht eigentlich diese Vereinigung, damit ihre Mitglieder dem Namen gerecht werden?
Originalität: *
Unfallgefahr: *
Ignoranz: ***
Köngen
Ein Unfall in 2016, zwei in 2020, alle genau an der beschriebenen Einmündung der Christian-Eisele-Straße oder besser wohl "Mc Aldi"-Ausfahrt. Glücklicherweise gab es bei allen drei Unfällen nur Leichtverletzte. Das war vor einigen Jahren in Plattling an der Aldi-Ausfahrt mit Zweirichtungsradweg und ausreichenden Sichtbeziehungen anders: Radfahrer schwer verletzt. Und 20 km weiter in Künzing wurde eine durch Werbeschilder verdeckte ältere Radfahrerin tot gefahren. Die Werbeschilder stehen dort immer noch. Dafür bekamen die Radfahrer Wartepflicht mit Zeichen 205.
Was ich damit sagen will: Die beschriebenen Gefahren sind real und schwerwiegend. Innerörtliche Radwege gehören nicht über die Ausfahrten von Supermärkten, Discountern, Fresstempeln oder Tankstellen. Erst recht verbieten sich dort Zweirichtungsradwege mit ihrer besonders erhöhten Gefahrenlage, aber auch Einrichtungsradwege werden bekanntlich illegal linksseitig befahren. Dass hier keine Benutzungspflicht vorhanden ist, ändert daran nichts. Ob es alleine genügt, die vorgeschriebenen Sichtweiten herzustellen, bezweifle ich. Aber es wäre ein unbedingt notwendiger Schritt. Besser wäre es, Angebote zu schaffen, die Radfahrer von diesem Weg herunter auf die Fahrbahn holen.
Originalität: *
Unfallgefahr: ****
Ignoranz: **
Frickenhausen/Tischardt
Schutzstreifen und Gehwege mit "Radfahrer frei" sind nicht benutzungspflichtig, genauso wenig wie das gefährliche Stück auf dem Bordstein am westlichen Ortsende. Aber natürlich können die Bodenmalereien Radfahrer zu riskanten Fahrvorgängen verleiten. Die Mindestkurvenradien wurden nicht beachtet und die Mittelinseln sind untauglich für Radverkehr (zu kurz in Fahrtrichtung, um darauf warten zu können). Da sollte mal jemand mit echter Planungskompetenz rangehen. Radfahrer auf Feldwege zu leiten, die einfach auf belebte Bundesstraßen führen, geht natürlich gar nicht.
Originalität: **
Unfallgefahr: *
Ignoranz: **
Hannoversch-Münden
Keine offiziell gemeldeten Unfälle in den Jahren 2018 bis 2020. Nur gegenüber, wo sich laut Openstreetmap auch ein Radweg befinden soll, kam es an der Einmündung Huntestieg 2018 zu einem Unfall mit Leichtverletztem. Vielleicht fuhr da jemand linksseitig auf der gegenüberliegenden Seite, weil rechtsseitig auf dem zugewucherten Streifchen geht ja nicht. Doch sinnvoll, wäre, die Straßenverkehrsbehörde mit der Beseitigung der illegal angeordneten Benutzungspflicht zu nerven, denn das wäre ein leichtes Spiel. Warum ist das nicht längst geschehen? Wird der Radweg als schlechtes Beispiel für die Ausbildung in der nahegelegenen Poizeiakademie gebraucht? Man wird ja nochmal hoffen dürfen.
Der Vorschlag, Radfahrstreifen anzulegen ist sinnvoll. Ein "Gehweg mit Radfahrer frei" ist jedoch wegen der Breite, nein Schmäle, ebenso wenig zulässig wie der beschilderte benutzungspflichtige Geh- und Radweg.
Originalität: **
Unfallgefahr: *
Ignoranz: ***
Biedenkopf
Einbahnstraßen für Radfahrer zu sperren ist seit 1998 verboten (§ 45 Absatz 9 Satz 3 StVO). Allerspätestens mit der Novelle der Verwaltungsvorschrift im November 2021 ist aber die Zwierichtungsbefahrbarkeit ausdrücklich der Regelfall und hier umzusetzen. Als Beispiel für viele andere Kommunen, die diese Regel missachten, ist der Beitrag tauglich. Preistauglich wird er aber genau wegen dieser Beliebigkeit nicht.
Originalität: *
Unfallgefahr: *
Ignoranz: ****
Anmerkung zu den Beschreibungen: Fahrräder sind grundsätzlich auf der Fahrbahn zu schieben. Der linksseitige Gehweg erscheint zu schmal, um ausschließen zu können, dass dabei Fußgänger behindert werden, zumal er durch einen Parkstreifen eingeengt wird. Ebenso ist der rechte Gehweg zu schmal. § 25 Absatz 2 Satz 1 StVO verbietet daher, dort ein Fahrrad zu schieben.
Wertungen von Bernd Sluka (u.a. VCD Bayern) zum Pannenflicken 2020/2021
Der Baustellen-Sonderpreis geht an Duisburg
Den Baustellen-Sonderpreis hat nahezu jede Stadt oder Gemeinde verdient. Da es dieses Jahr nur einen Nominierten gibt, geht er an die Stadt Duisburg. Angesichts der geschilderten chaotischen Situationen mit:
- Umleitungen auf Radwege, die mangels Beschilderung und ausreichender Breite gar nicht befahren werden dürfen (Sittardsberger Allee),
- Ausweisung der Fahrbahn als Radweg (Kulturstraße), wo ohne Baustelle nie einer war
- verstellten benutzungspflichtigen Radwegen (Düsseldorfer Straße) und
- plötzlichen Sandhindernissen an dunklen Stellen eines Radwegs
- It's cycling, not golf, oh dear! - ist sie ein "würdiger" Preisträger.
Platz 3 (1 Punkt) geht an Überlingen
Wir sehen - wie so oft - einen Schutzstreifen in Kombination von Mindestmaßen. Das gibt zwar keine Punkte für Originalität, aber einen für die Gefährdung von Radfahrern. Am einfachsten wäre es, zum Pinsel zu greifen und die Linie durchzuziehen. Dann wäre es eine Parkflächenmarkierung, womit der eigentliche Zweck herausgestellt wird, und Radfahrer wüssten alle, dass sie diesen Teil der Straße nicht befahren sollten.
Platz 2 (2 Punkte) geht an Uhingen
Uhingen zeigt, wie Radwege nicht angelegt werden sollten. Man trifft auf eine verwirrende Radverkehrsführung über zu schmale Wege, die illegales Verhalten geradezu fördert. Wenigstens wird es durch die (unzulässige) ständige Abwechslung der Führungsform und der Suche danach, wo es weitergehen soll, nicht so langweilig wie für diejenigen, die hier bestimmt sicherer auf der Fahrbahn fahren würden.
Platz 1 (3 Punkte) hat Wuppertal verdient
Zahlreiche Beispiele von Radverkehrsführungen ohne Rücksicht auf Radfahrer belegen eindrücklich, dass in Wuppertal weder um deren Sicherheit noch um die Förderung des Radverkehrs geht. Wer Radfahrer auf 70-cm-Weglein oder in den Gegenverkehr einer Busspur schickt, auf die gerade mal so ein Bus passt, der hat andere Motive.
keine Preise für
Duisburg
Wer schlechte Oberflächen beklagt, der sollte mal das Kopfsteinpflaster in Passau befahren. Darüber hinaus ein nicht abgepollerter Radweg und ein illegal beschildertes Streifchen, das nicht einmal den Namen Radweg verdient - das reicht nicht für einen Preis.
Neckartailfingen
Die Beschilderung ist zwar abenteuerlich, aber es funktioniert, wenn man sich nicht an die Schilder hält. Und genauso machen es wohl die meisten Verkehrsteilnehmer dort. Gehweg mit Pollern schützen, Schilder weg, Fahrradstraße hin oder einen Shared Space daraus machen.
---Danke an Bernd Sluka---
Klaus Wörle (ADFC Regensburg)
20/21 Wuppertal = 3 Punkte
Motto: Hauptsache, irgendwas machen! Wer braucht da schon Sachverstand?
Manchmal wäre Nichtsmachen einfach besser - und sicherer.
20/21 Überlingen = 2 Punkte
Da wird sich mancher denken: Was soll daran besonderes sein?
Eben! Das ist Murks wie (fast) überall im Land - und deswegen würdiger Pannenflicken, der aber den meisten Kommunen zustünde.
20/21 Uhingen = 1 Punkt
Schlechte Straßenplanung durch Markierungen zu beheben, muss kläglich scheitern. Ein wirklich schönes Beispiel dafür!
20/21 Duisburg = Baustellen-Sonderpreis
Stellvertretend für indiskutable Baustelleneinrichtungen im ganzen Land
---Danke an Klaus Wörle---
Christian Ückert (Stade fährt Rad / Lastenrad Stade)
3 Punkte gehen an Uhingens gefährlichen 2-Richtungs-Murks. Man erkennt auf einen Blick, dass es dort in erster Linie darum ging, Radfahrer aus dem Weg zu schaffen. Eine weiße Linie macht aus einem Gehweg noch keinen Zweirichtungsradweg. Lesetipp für die verantwortliche Verkehrsbehörde: Verwaltungsvorschrift zur StVO, zu den §§39 - 43, Randnummer 5:
"Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor."
Das ist das genaue Gegenteil von "Die Flüssigkeit des Autoverkehrs geht über die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern", was in Uhingen ganz im Geiste der 1970er Jahre noch oberste Prämisse bei der Verkehrsregelung zu sein scheint.
2 Punkte für Neckartailfingen. Eigentlich ist es schon fast komisch, dann aber auch wieder nicht, weil es zeigt, wie egal der verantwortlichen Behörde Fußgänger und Radfahrer sind. Man kann hoffen, dass dort nicht nur Autofahrer das Verkehrszeichen 240 ignorieren, das ihnen die Zufahrt zum Parkplatz über den gemeinsamen Geh- und Radweg verbietet, sondern dass auch die Radfahrer die Fußgänger auf dem gemeinsamen Geh- und "Radweg" in Ruhe lassen und sich nicht auch vorher schon um den Platz auf dem Seitenstreifen kabbeln, sondern trotz der originellen Beschilderung auf der Fahrbahn bleiben. Neben der zuständigen Verkehrsbehörde, die offensichtlich nicht einmal die Bedeutung der Verkehrszeichen kennt, die sie selbst aufstellen lässt, sollte im "Erfolgsfall" der Preis mit dem Land Baden-Württemberg geteilt werden, das nicht darauf aufpasst, dass so etwas auf dem ausgewiesenen RadNETZ nicht vorkommt.
Den verbleibenden Punkt hätten alle anderen gleichermaßen verdient: Schutzstreifen, die gefährden statt zu schützen, wie in Überlingen, sind leider keine Seltenheit. Auch den schlechten Fahrbahnbelag in einer finanzschwachen Kommune mag ich der Stadt Duisburg nicht als besonders schlechte Fahrradinfrastruktur ankreiden.
Also geht mein letzter Punkt an Wuppertal. Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. Auch wenn durchaus der Wunsch der Stadt Wuppertal erkennbar ist, etwas für den Radverkehr zu tun, sollte man doch noch einmal daran erinnern, dass es technische Regelwerke gibt, in denen man nachschauen kann, wie man es richtig macht. Im Zweifelsfall ist gar nichts immer noch besser als eine schlechte und verwirrende Infrastruktur, auf der es auch nicht funktioniert.
Baustellen: Wenn die Stadt Duisburg bei mir beim Hauptpreis schon leer ausgegangen ist, sollte die Ignoranz gegenüber dem Radverkehr wenigstens durch den Baustellen-Sonderpreis gewürdigt werden. Leider ist Duisburg bei der Behandlung des Radverkehrs an Baustellen keinesfalls so konkurrenzlos schlecht, wie es in Ermangelung alternativer Wahlvorschläge in der Sonderkategorie scheinen mag.
---Danke an Christian Ückert---
Wieder einmal hat es jede Pannenflicken-Nominierung auch 2019/2020 geschafft, Stimmenpunkte einzufahren. Natürlich gingen die meisten Stimmenpunkte an die größten "Schnitzer" verfehlter Verkehrsplanungen. Unsere Fachjuroren und Experten erwiesen uns wieder die Ehre und teilten uns unsere Meinung hierzu mit. Bitte beachten Sie auch die im Vorfeld während der Nominierungsphase von den Bürgermeistern und Mobilitätskoordinatoren eingegangenen Versuche, den Nominierungen zu entkommen. Es war teils erschreckend, wie ahnungslos bzw. ignorant hier agiert wurde, was wiederum zeigt: Eine vernünftige Radverkehrsplanung ist was für erfahrene Experten! Lesen Sie mehr unter:
Die Versuche der Behörden, einer Pannenflicken-Nominierung zu entkommen
Die diesjährigen Preisträger finden Sie wie immer in unserer Galerie:
Lesen Sie nun die Meinungen der Experten zu den diesjährigen Pannenflicken-Nominierungen. Zur Information hierzu: Jeder Mitwähler hatte drei Stimmen, der Favorit bekam 3, der zweite Favorit 2 und der drittplatzierte einen Stimmenpunkt.Unser dringender Rad an die Behörden und Verkehrsplaner: Nehmen Sie die Kritik ernst und machen Sie nicht dieselben Fehler auf Kosten und Gesundheit der umweltfreundlichen Radfahrer!
- Bernd Sluka - Radverkehrsexperte des VCD -
Platz 1: Bingen (3 Punkte)
Warum? Es handelt sich um Vorsatz. Das kann man nicht nur der Erklärung der Stadt entnehmen, sondern man sieht es daran, dass alte Zeichen 240 (vor 1992) und neue verwendet wurden. Offenbar wurde nie wirklich eine Überprüfung nach den StVO-VwV unternommen, obwohl sie mindestens zweimal (1989 und 2009) vorgeschrieben war. Der Radweg verstößt gegen Breitenvorgaben für einen gemeinsamen Geh- und Radweg (VwV zu § 2 StVO Abs. 4 Satz 2 II a bb), die Sichtbeziehungen wurden vernachlässigt (VwV zu § 2 StVO Abs. 4 Satz 2 II 2. c), er ist unstetig (VwV zu § 2 StVO Abs. 4 Satz 2 II 2. c), weil die Benutzungspflicht mehrfach unterbrochen wird und die ohne jeglichen Ermessenspielraum vorgeschriebenen Furtmarkierungen (VwV zu § 9 StVO Abs. 2 II Satz 1) wurden nicht vorgenommen. Bei der linksseitigen Benutzungspflicht bzw. Freigabe kommen die fehlenden gesicherten Querungen hinzu (VwV zu § 2 Absatz 4 Satz 3 und Satz 4 StVO II 4).
Dagegen kann auch die Erklärung der Stadt nicht helfen, sie hätten auf Furten verzichtet, um Radfahrern keine Vorfahrt einzuräumen. Denn hier irrt die Stadt gründlich. § 8 und § 9 Abs. 3 StVO gelten auch ohne Furtmarkierung. Neben der Fahrbahn in derselben Straße fahrende Radfahrer haben dieselbe Vorfahrt wie auf der Fahrbahn fahrende. Und neben der Fahrbahn fahrende Radfahrer genießen Vorrang vor in gleicher oder entgegengesetzter Richtung fahrenden, auf der Fahrbahn abbiegenden Fahrzeugen. Nur wird es dann für Radfahrer gefährlicher, weil sie leichter übersehen werden. Außerdem befreit die Verzicht auf Furten die Stadt Bingen nicht von der Pflicht, an den Einmündungen eine ausreichende Sichtbeziehung herzustellen, wenn Radfahrer im Seitenraum an die Einmündungen herangeführt werden. Nach einem Unfall könnte ein Radfahrer hier sogar mangelnde Verkehrssicherung aufgrund des wirklich eklatanten Verstoß der Stadt gegen die Vorschriften geltend machen. Was sagt eigentlich die Rechtsaufsicht dazu?
Selbst ohne Benutzungspflicht wäre hier ein gemeinsamer Weg von Radfahrern und Fußgängern im Seitenraum nicht zulässig, da die Breitenvorgaben nicht eingehalten werden, insbesondere nicht an den Bushalten und die Sichtbeziehungen weiterhin nicht gegeben wären. Zudem wären auch bei einem freiwillig zu benutzenden Weg zwingend Furten zu markieren. Die Stadtverwaltung sollte daher alles daran setzen, den Weg aufzulassen und für eine sichere Führung der Radfahrer auf der Fahrbahn sorgen, z. B. durch ein Tempolimit im Ortsbereich.
Bei Platz 2 war ich lange unsicher, denn es sind mehrere Einreichungen von gefährdenen Schutzstreifen neben Parkständen dabei, die alle einen Preis verdienen. Letztlich hat mich dann aber die Stellungnahme der Stadt Wolfschlugen dazu veranlasst, dort den 2. Platz herzugeben:
Platz 2: Wolfschlugen (2 Punkte)
Was hier auf der Fahrbahn markiert wurde, ist weder Radfahrstreifen (kein Zeichen 237, zu schmal), noch Schutzstreifen (keine gestrichelte Markierung, keine Fahrradsymbole), sondern nach den Grundsätzen der StVO nur als eine Parkflächenmarkierung zu verstehen. Sie erlaubt hier das Parken auf dem Gehweg und teilweise auf der Fahrbahn. Alleine das ist schon ein sehr eigenwilliger Umgang mit der StVO. Radfahrer müssen links von der Markierung fahren. Durch die Lage auf der Innenseite einer Kurve wäre das Befahren dieses Streifleins mit einem Fahrrad auch nicht sehr sicher.
160 Meter folgender benutzungspflichlichtiger Geh- und Radweg sind ohne Auffahrtsmöglichkeit, da die Absenkung vor dem versteckten Zeichen 240 noch im Bereich der Parkerlaubnis liegt. Ein Radweg dieser Kürze (Länge wäre weit übertrieben) erfüllt nicht das Gebot der Stetigkeit (VwV zu § 2 StVO Abs. 4 Satz 2 II 2. c). Die Benutzungspflicht ist aufzuheben.
Soll weiterhin vor der Einmündung der Max-Eyth-Straße eine Radverkehrsanlage (ohne Benutzungspflicht) im Seitenraum ausgewiesen werden, ist an der Einmündung eine Furt zu markieren (VwV zu § 9 StVO Abs. 2 II Satz 1), denn die Radverkehrsanlage wäre an dieser Einmündung durchgehend. Besser wäre jedoch darauf zu verzichten, da an dieser belebten Einmündung Radfahrer im Seitenraum gefährdet sind und auf der Fahrbahn sicherer unterwegs wären. Wer will, kann dann nach der Einmündung auf einen der freigegebenen Gehwege auf- und in Schrittgeschwindigkeit weiterfahren.
(Nebenbei: Eines stimmt in der Stellungnahme des Bürgermeisters. In den Jahren 2016 bis 2018 sind hier in Wolfschlugen keine Unfälle mit Radfahrern aufgetreten. Die fanden am anderen Ende des Ortes und dem Einkaufsgebiet selbst statt. <unfallatlas.statistikportal.de>)
Platz 3 müsste ich gleichermaßen an Aachen, Bamberg und Ditzingen vergeben. Denn alle drei kombinieren Mindestmaße und verzichten auf ausreichende Sicherheitsabstände zu Parkständen. Das scheint sich zu häufen, das Schutzstreifen sehr in Mode gekommen sind. Kann ich allen drei je 1/3 Punkt geben?
Sonst wähle ich
Platz 3: Aachen (1 Punkt)
Aachen sticht nicht außergewöhnlich aus der Grupppe derjenigen Orte hervor, die Schutzstreifen oder Radfahrstreifen ohne Sicherheitsstreifen zu Parkständen anlegen oder Mindestmaße kombinieren. Sie hätten alle einen Preis verdient.
Was Aachen aus dieser Gruppe hervorhebt ist die relative Gefählichkeit.
Der Templergraben scheint relativ stark befahren und die Parkwechselfrequenz ist hoch. Das bedeutet ein hohes Risiko von Unfällen gegenüber den anderen Nominierten. Wobei auch Bamberg nicht mit Fahrradunfällen spart; ein direkter Vergleich mit Aachen war aber nicht möglich, da sich NRW nicht am Unfallatlas <unfallatlas.statistikportal.de> beteiligt.
Ein weiterer Grund für Aachen: Die Stadt weiß offenbar, wie man sichere Straßen plant (vor der RTWH), belässt aber hier eine Gefährdung.
Nebenbei: Eine Untersuchung der TU Dresden zeigt, dass Radfahrstreifen und Schutzstreifen nur dann attraktiv für Radfahrer sind, wenn sich daneben keine Parkplätze befinden. Ob ein Sicherheitsstreifen vorhanden und wie breit er ist spielt für die Attraktivität eine untergeordnete Rolle. Eine attraktive, den Radverkehr fördernde Radverkehrsanlage sieht anders aus als diese Aachener Straße.
Baustellen-Sonderpreis: Duisburg, Kardinal-Galen-Straße
Zwar gibt es dieses Jahr nur eine Nominierung für diesen Preis, aber sie hat ihn verdient.
Das ist eine kreative und rücksichtslose Selbstausweisung eines 50 cm breiten und damit unbefahrbaren gemeinsamen Geh- und Radwegs durch ein Bauunternehmen. Zudem wird dies nur auf der Hälfte der Baustelle vorgenommen, obwohl sich die Straßencharakteristik zwischen den beiden Hälften nicht ändert. Damit ist belegt, dass ein separater Radweg gar nicht benötigt wird, erst recht nicht ein Zwangsradweg.
Trotzdem bleiben Fragen: Was steht im Verkehrszeichenplan der Baustelle?
Was sagt die zuständige Straßenverkehrsbehörde dazu, die den Verkehrszeichenplan genehmigen musste? Und warum hat sie seine korrekte Umsetzung nicht überwacht? Warum hat niemand die Hinweise der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) zur "Baustellenabsicherung im Bereich von Geh- und Radwegen beachtet, obwohl Duisburg Mitglied der AGFS ist?
zu den anderen:
Bamberg
Bamberg ist bekannt für schlechte Radverkehrsanlagen. Dass überwiegend Mindestmaße verwendet werden und Sicherheitsstreifen fehlen passt dazu.
Das spiegelt sich auch in dem Unfallgeschehen in Bamberg wieder, wo im Vergleich zu anderen bayerischen Städten übermäßig viele Fahrradunfälle auftreten. Passend ist aber, dass die Siechenstraße am Friedhof vorbei führt. Damit qualifiziert sich Bamberg für den Titel Stadt der kurzen Wege.
Ditzingen
Auch wenn Schutzstreifen nicht benutzungspflichtig sind und man so fahren sollte, als wären sie nicht vorhanden, also in diesem Fall links davon, ist das eine klare Gefährdung von Radfahrern. Es bleibt zu hoffen, dass die meisten bald erkennen, wie gefährlich das ist, nicht nur durch Autotüren, sondern weil Fußgänger zwischen den Autos auftauchen. Leider wird diese Erkenntnis dazu führen, dass die Straße gemieden wird, also eine Vetreibung des Radverkehrs.
Der Sicherheitsstreifen zu parkenden Autos auf Bild 1 ist nur etwa 25 cm breit (incl. Markierung), keinesfalls 50 cm wie vom Bürgermeister behauptet. Denn die Markierung selbst ist 12,5 cm breit und passt nur ein weiteres Mal zwischen Markierung und Randstein hinein. Zudem läge bei 200 cm (Parkstände) + 50 cm (Sicherheitsstreifen) + 125 cm (Schutzstreifen) wie behauptet immer noch eine Kombination von Mindestmaßen vor, von der die ERA ausdrücklich abraten.
Mein Tip an die Stadt Ditzingen: Bitte die vergessene Schraffur auf den Streifen nachholen. Als Sperrflächen wären sie sinnvoll.
Duisburg
1. Kalkweg: ein schmaler, verdreckter Schutzstreifen mündet in schmalen Radfahrstreifen. Für den Schutzstreifen besteht aber keine Benutzungspflicht; man fährt links davon, auf jeden Fall links vom Dreck und nicht zu nah am Bordstein. Der gezeigte Radfahrstreifen hat wenigstens einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu den Parkplätzen auf dem Gehweg.
2. Düsseldorfer Straße: Hier wird ein benutzungspflichtig gekenzeichneter Radweg im Mindestmaß ohne Sicherheitsräume zur Fahrbahn und zu Parkständen mit problematischen Sichtbeziehungen beschrieben. Das schließt natürlich eine Benutzungspflicht aus. Sie ist aufzuheben. Aber das ist nichts Besonderes in deutschen Städten.
Neckartenzlingen
Hier wird ein Radweg über Gehwege und eine Gehwegbrücke geführt. Das ist nichts Neues. Beispielsweise macht Ingolstadt hier <https://www.openstreetmap.org/?mlat=48.76297&mlon=11.43219#map=17/48.76297/11.43219>
denselben Fehler, obwohl dieser Steg breit genug für Fußgänger und Radfahrer ist. Auch in Passau führte der Donauradweg jahrelang auf einen etwa 200 Meter langen Gehweg zum Schieben - jetzt nicht mehr, weil er ein paar Zentimeter breiter gemacht wurde. Man darf jetzt dort auf dem Gehweg fahren, obwohl nach den Vorgaben von StVO-VwV und RASt eine gemeinsame Führung von Fußgängern und Radfahrern bei den hohen Verkehrsmengen (mehrere Tausend pro Tag) dort nicht zulässig ist und natürlich so gut wie niemand Schrittgeschwindigkeit einhält.
Die Wegweisung ist nicht optimal angeordnet. Es bleibt auch unklar, wieso man an der Altdorfer Straße nach rechts Richtung Metzingen fahren soll. Auf einer Karte sieht man, dass man nach links fahren und die Kirchbachgasse nehmen müsste, weil rechts nur ein weiterer Gehweg weiterführt.
Plochingen
Ein Radweg ohne gesichertes Ende, wie er tausendfach in Deutschland vorkommt. Gut, besser schlecht, da ist noch die unübersichtliche Kurve mitten durch eine Parkhauszufahrt. Aber der Weg ist nur für diejenigen benutzungspflichtig, die in die Fußgängerzone fahren wollen. Alle anderen fahren spätestens, wenn sie einmal hereingefallen sind, auf der Fahrbahn der Neckarstraße.
---Danke an Bernd Sluka---
Klaus Wörle - Radverkehrsexperte des ADFC -
Wie jedes Jahr ist es schwer, aus der geballten Inkompetenz und Ignoranz der zuständigen Behörden einen Favoriten zu wählen. Nach einigen Rumgeklicke fällt meine Wahl auf diese verkehrsplanerischen Glanzlichter:
Bingen/Rhein = 3 Punkte
Spitzenreiter für mich, weil hier vermutlich nicht einmal Inkompetenz und/oder Ignoranz seitens der Verwaltung vorliegt, sondern bewusste Verachtung gegenüber Radfahrenden. Um zu vermeiden, mittels der Markierung von Furten Radfahrenden eine kontinuierliche Fahrt entlang der Vorfahrtstraße zu ermöglichen, werden diese mit den Unterbrechungen der benutzungspflichtigen Radwegfragmente genötigt, für jeweils kurze Stücke auf die Fahrbahn zu wechseln oder abzusteigen und über die Kreuzungen zu schieben. Wie man auch anhand der mangelhaften Breite, Oberflächenbeschaffenheit und Sichtbeziehungen der "Radwege" erkennt, geht es allein darum, Radfahrende aus dem Weg zu räumen, ihnen konsequent die Fahrt zu vermiesen und Vorfahrtsrechte zu nehmen. Vermutlich handelt es sich um den Versuch, Radverkehr effektiv zu verhindern, ohne dies durch Zeichen 254 allzu offensichtlich zu kennzeichnen.
Wolfschlugen = 2 Punkte
Was soll das sein? Irgendwelche Markierungen? irgendwelche Verkehrszeichen? Kein Bezug zur rechtlichen und verkehrlichen Realität - Bitte dringend eine Nachschulung zur Bedeutung von verkehrsrechtlichen Anordnungen, deren Voraussetzungen und Konsequenzen besuchen!
Plochingen = 1 Punkt
Fast hätte ich den Punkt an Duisburg vergeben, weil es nicht sein kann, dass in einer Großstadt, deren Verwaltung über genügend Fachkompetenz verfügen müsste, immer noch solcher Murks gemacht wird, den man allenfalls noch in der Provinz als Unfähigkeit belächeln kann. Aber dann war doch Plochingen verlockend, das es schafft, auf kürzester Streckenlänge und auf einem Bild erfasst derart viele gefährliche Fehler zu realisieren. Wurde da vielleicht absichtlich ein Suchbild arrangiert: Wer findet als erster alle 15 Fehler?
Baustelle Duisburg – Baustellen-Sonderpreis
Wie schon letztes Jahr steht diese Baustellensituation stellvertretend für viele andere ebenso preiswürdige Baustellen im ganzen Land. Während für Autofahrer Baustellen idiotensicher ausgeschildert werden, muss man als Radfahrer/in schon solide Erfahrung im Trial-Sport mitbringen, um Baustellen einigermaßen sicher (oder überhaupt) passieren zu können. Dabei sind die von der Straßenverkehrsbehörde erstellten Baustellenpläne meistens noch korrekt, nur werden sie hinsichtlich des Rad- und Fußverkehrs von den Bauunternehmen selten richtig umgesetzt und fast nie kontrolliert, und die Ordnungswidrigkeit der fehlerhaften Umsetzung wird nie geahndet. Und ohne den Lerneffekt durch eine Bußgeld-behaftete Rückkopplung wird sich daran auch nie was ändern.
---Danke an Klaus Wörle---
Christian Ückert - ADFC Stade und "Stade fährt Rad" -
Hier meine Bewertung.
Bingen: 3 Punkte
Wolfschlugen: 2 Punkte
Plochingen: 1 Punkt
Baustelle Duisburg : Sonderpreis verdient.
Bingen hat für mich ganz klar den goldenen Pannenflicken verdient. Als wären linksseitige gemeinsame Geh- und Radwege nicht schon schlimm genug, ist dort bösartiger Vorsatz erkennbar, Radfahrer an den gefährlichen Kreuzungen gänzlich im Stich zu lassen, in dem man den "Radweg" vor der Kreuzung enden und nach der Kreuzung wieder neu beginnen lässt. Wenn sich dahinter die Absicht verbirgt, dass Radfahrer auf diesem Murks bitte nicht auch noch Vorfahrt haben sollen, offenbart sich in diesem Versuch auch noch die völlige Unkenntnis der zuständigen Verkehrsbehörde. Vorfahrt haben nämlich alle Fahrzeuge, die sich entlang einer Vorfahrtstraße bewegen, unabhängig davon, auf welchem Straßenteil sie fahren. Das sollte dann gemäß Verwaltungsvorschrift auch mit Radwegfurten verdeutlicht werden, dass dort mit vorfahrtberechtigtem Radverkehr zu rechnen ist. Selbst der Gehweg-Geisterradler, der unerlaubt auf der falschen Straßenseite fährt, hat entlang einer Vorfahrtstraße immer noch Vorfahrt. Daran ändert auch die Unterbrechung der Benutzungspflicht über die Kreuzung hinweg nichts, zumal es auf der Kreuzung ohnehin keinen "Radweg" gibt, den man benutzen könnte. Wie man auf dem Bild Bingen_R04 erkennen kann, fehlt über dem Verkehrszeichen 205 "Vorfahrt achten" auch das Zusatzzeichen, das auf Radverkehr von links und von rechts hinweist.
Wolfschlugen landet für mich knapp dahinter. Die Bilder zeigen vor allem, dass Radfahrer dort einfach nur irgegendwie aus dem Weg geschafft werden sollten, damit sie den "richtigen Verkehr" nicht stören. Die Verantwortlichen sollte man solange dort mit dem Fahrrad hin und her fahren lassen, bis sie das am eigenen Leib erfahren, was sie dort für einen Unfug angerichtet haben.
Auf dem dritten Platz landet bei mir Plochingen. Eigentlich ist das ein Fall für eine Satiresendung, z.B. für den ganz normalen Wahnsinn bei extra-3. Man kann sich nur wundern, wer das geplant und/oder ausgeführt hat und fragen, ob es niemanden gab, der das nach Fertigstellung abgenommen hat.
Die Baustelle Duisburg hat schon eine Auszeichnung verdient, wobei so etwas leider überhaupt kein Einzelfall ist. Schade, dass es in dieser Rubrik keine Konkurrenz gab. Ich wurde schon durch schlimmere Baustellen geschickt.
---Danke an Christian Ückert---
Ervin Peters - Radverkehrs-Koryphäe
Plochingen = 1 Punkt
Innerdörflicher Radweg: unnötig gefährdend kein vernünftiger Fußweg: Fußgängerlife matters! Kaum Fahrzeugverkehr, schmale Fahrbahn, keine örtliche Gefahrelage: für Fahrbahnpho-biker
Duisburg
...ist das nicht Standard für alte innerörtliche separierte Wege? Ich will sowas nicht: keine Abstände einzuhalten, miese Oberflächen, Kanten, zu schmal, Benutzungspflicht unzulässig...
Aachen = 3 Punkte
Den mindestmaßigen Schutzstreifen ummarkieren in einen Sicherheitstrennstreifen - Radfahrer können diese Streifchen nicht benutzen, da sie 80cm - 1m Abstand zu den parkenden Fahrzeugen halten müssen. 3 Punkte, weil eine elementare Empfehlung zur Selbstgefährdung auf dem Rad
Wolfschlugen
...ist da was von Relevanz? [Erklärung der IC: So was kann gar kein Radweg sein und wenn man das Blauschild sieht, ist es eh zu spät]
Bamberg
...halt die Konsequenz der Forderung nach Separation, es ist überflüssig und führt mit der territorialen Zuordnung zu Revierkrämpfen...
Bingen/Rhein = 2 Punkte
...ist das nicht Standard für innerörtliche separierte Wege? Ich will sowas nicht: keine Abstände einzuhalten, miese Oberflächen, Kanten, zu schmal, Benutzungspflicht unzulässig, unnötige angeordnete Selbstgefährdung mit dem Rad...
Baustelle Duisburg = Sonderpreis
PF 19-20 Neckartenzlingen
Mist, ist halt ein Fußweg über den eine Radroute gelegt wurde. Aber jetzt nicht gefährlich.
Ditzingen
Auch unnötig wie in Aachen, sollte auch ein Sicherheitstrennstreifen werden
...und übrigens, die Nichteinhaltemöglichkeit der Corona Sicherheitsabstände auf RVA erfordert das Nutzen der Fahrbahnen, oder?
---Danke an Ervin Peters---
und zu guter Letzt noch ein Statement eines IC-Mitglieds mit vielen Jahrzehnten Radverkehrserfahrung
Hier meine Wertung:
Aachen 3P
Plochingen 2P
Ditzingen 1P
und natürlich auch die Baustelle Duisburg.
Die Antworten aus Wolfschlugen und Bingen sind mal wieder so typische Beispiele dafür, wie verkrustet und ignorant bis unwissend mit dem Thema Radverkehr und Sicherheit vielerorts umgegangen wird. Es ist ein mühsames Geschäft, wirklich grundlegende Änderungen zu erreichen. Wenn ich mir anschaue, wie wenig in den letzten 10 Jahren erreicht werden konnte, muss ich mir desillusioniert die Frage stellen, ob ich wohl jemals noch zu Lebzeiten (wörtlich gemeint, Du kennst ja mein Alter ) in den Genuss einer umfassend verbesserten Situation kommen werde; mal von Einzelmaßnahmen abgesehen, die aber im Vergleich zu den generellen Missständen kaum ins Gewicht fallen. Ich habe da große Zweifel, versuche halt, das Beste draus zu machen und vermeide viele Strecken, die ich eigentlich gerne mit dem Rad befahren möchte, einfach, um meine Nerven und meine Gesundheit zu schonen.